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In der Hauptstadt Damascus - Syria Travel-Bericht 2/4

Flanieren, Cockstails und Karaoke

Syrien - jetzt oder nie. So groß mein Wunsch, dieses Land zu bereisen. Auf das Unbekannte einlassen, offen für Neues sein, bereit für menschliche Begegnungen. Neben Reisewarnungen und Schlagzeilen versuchen, objektiv zu bleiben....sich selbst ein Bild machen zu können. Erfahren, dass Syrien nicht nur Krieg und Zerstörung sind. Die Schönheit des Landes entdecken, Essen probieren, Menschen zuhören. Der Mut, Syrien zu bereisen, wurde reich belohnt. In vier kleinen Reisereporten teile ich meine Eindrücke mit euch. Hier Teil 2.

 

Der Vorort von Damaskus – dem Erdboden gleichgemacht. “Unterstützer der Opposition”, erklärt mein Fahrer, als er merkt, dass ich mit schwerem Herzen aus dem Fenster schaue. Dann fahren wir an der nordkoreanischen Botschaft in Damaskus vorbei. Wieder eine Erklärung vom Frontsitz: “Bis hier hin ist der IS damals vorgedrungen ... Damaskus konnte im letzten Moment verteidigt werden.

 

Einmal in der Innenstadt, könnte man die Folgen des Krieges fast übersehen. Damaskus ist grün. Einfach überall Bäume, Parkanlagen, Grünstreifen. Viele Künstler haben ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Straßen sind belebt, aber nicht überfüllt. Es ist wohl eine der angenehmsten Souqs, durch die ich jemals gegangen bin. Kein Schreien, kein Feilschen, kein Überreden. In Ruhe kann ich die vielen Gewürze und handgemachten made-in-Syria-Produkte bestaunen.

 

Frühstück im Innenhof des Hotels
Frühstück im Innenhof des Hotels
Nationalfarben einfach an jeder Wand
Nationalfarben einfach an jeder Wand

Was mir nicht bewusst war, wie groß die christliche Gemeinde in Damaskus ist. Am ersten Tag besichtigen wir sechs Kirchen von innen und vier weitere von außen. Und das waren noch längst nicht alle.

 

Beim Flanieren auf den breiten, großzügigen Bürgersteigen kann man das Leben in Damaskus einatmen: Brotverkäufer schieben frische Backwaren auf Schubkarren durch die Straßen. Eltern holen ihre Kinder aus dem Kindergarten ab. Beduinen sind in der Stadt, um frisches Gemüse zu verkaufen. Priester eilen schnellen Schrittes in Arbeitskleidung nach Hause. Mädchengruppen sind auf Shoppingtour, Jugendliche sitzen in Bars, Studierende kommen an der Bushaltestelle an. Damaskus kann einfach zu Fuß erkundet werden. So viel wie in den Tagen hier bin ich im ganzen letzten Jahr nicht zu Fuß gelaufen .....gefühlt :)

 

Wohin man schaut ein Kreuz im Himmel
Wohin man schaut ein Kreuz im Himmel
Gemütliche, bewachsene Kopfsteinpflaster-Sträßchen
Gemütliche, bewachsene Kopfsteinpflaster-Sträßchen

Ob mit oder ohne Kopftuch, in Damaskus falle ich nicht auf. Blonde Haare sind weit verbreitet. Westliche Kleidung die Norm. In einem Taschengeschäft handele ich ein gutes Angebot aus, als mir die Verkäuferin ein Kompliment macht: “Du siehst so schön aus mit dem Kopftuch. Bist du Muslimin?” “Nein”, sage ich. Dann frage ich zurück, ob sie Christin sei, denn ihre Haare sind nicht bedeckt. “Nein”, sagt sie ebenfalls. Und wir beide lachen und ich kaufe die Taschen natürlich.

 

Am Abend öffnen Cocktail- und Karaokebars. Die Outfits, die die Menschen auf den Straßen tragen, sind festlicher und freizügiger. Einige Türen stehen offen, und hinter einer unscheinbaren Fassade verbirgt sich ein Traum von einem Innenhof-Garten. Ein typisches Stadthaus in Damaskus. Auch mein Tourguide wohnt in einem solchen und lädt mich auf einen Tee ein. Bei diesem Treffen lerne ich auch seine Frau kennen, die tatsächlich lieber in die Neustadt in ein Appartement ziehen würde. Das kann Ghassim absolut nicht verstehen und sagt “Selbst auf 300 Quadratmetern würde ich mich eingesperrt fühlen, wenn ich weiß, dass ich das haben kann.”

 

Der Innengarten eines typischen Hauses in Damaskus
Der Innengarten eines typischen Hauses in Damaskus
Alleine unterwegs: Salat auf der Einkaufsmeile
Alleine unterwegs: Salat auf der Einkaufsmeile

 

Highlights für mich in Damaskus: Den größten Stadtpark besuchen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Neustadt fahren. Alleine, ohne Tourguide herumlaufen zu dürfen.

 

Ich kann es nicht beschreiben, aber als Ausländerin falle ich nicht auf. Selbst Fotos zu machen, sorgt für keine Aufregung. Ganz anders als gedacht.

 

Größten Überraschungen für mich: Die gemütliche Altstadt, das Zusammenleben von Christen, Muslimen, Drusen, Alawiten, Schiiten, Sunniten...und vielen mehr. Die Resilienz und die Hoffnung der Menschen in Damaskus. Die vielen familiengeführten Bäckereien mit ausgefallen Leckereien. Die eigene Biermarke von Damaskus. Die vielen Pubs und Kneipen. Die zahlreichen Straßen-Cafés und Möglichkeiten zum Verweilen in der Natur. Die wunderschönen Stadthäuser mit ihren innen liegenden Gärten. In Ghassams Garten sitzen wir unter dem Orangenbaum, essen Kuchen, als er mir sagt: “In fünf Ländern habe ich gelebt. Verstehst du jetzt, warum ich immer wieder zu meinem Haus zurückkomme? Es gibt nichts Schöneres auf der Welt.”

 

Die riesige Umayyad Mosque in Damascus
Die riesige Umayyad Mosque in Damascus
Einer von vielen Parks in Damaskus
Einer von vielen Parks in Damaskus

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